Ein Patient darf seinem Arzt versprechen, ihn nach seinem Tod im Nachlass zu bedenken. Das gehört zur vom Grundgesetz garantierten Testierfreiheit, wie der Bundesgerichtshof entschied.
Ein Landwirt macht sich Gedanken über das Älterwerden. Er möchte nicht ins Altersheim, sondern bis zu seinem Tod auf seinem Hof leben. Er hat eine Haushälterin, die sich um ihn kümmern und später Erbin werden soll. Und er hat einen Hausarzt, der mit eingebunden wird. Der Landwirt schließt mit dem Arzt einen Vertrag ab: Wenn er ihn medizinisch betreut, regelmäßig besucht und telefonisch immer erreichbar ist, soll er später ein Grundstück vermacht bekommen.
Zwei Jahre später stirbt der Landwirt. Sein Erbe wird zunächst an die Haushälterin übertragen. Der Hausarzt gerät in finanzielle Schwierigkeiten, wird insolvent. Um die Pleite kümmert sich ein Insolvenzverwalter. Der fordert von der Haushälterin die Herausgabe des vermachten Grundstücks. Doch diese weigert sich.
Das Ganze landet vor Gericht und geht durch die Instanzen. Es wird viel diskutiert und gestritten über eine spezielle Vorschrift, die in der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer steht: Danach darf ein Arzt keine Geschenke oder andere Vorteile annehmen, wenn dadurch der Eindruck entsteht, dass seine ärztliche Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.
Ein Verstoß gegen die Berufsordnung?
Das Oberlandesgericht Hamm urteilt im vergangenen Jahr: Der Arzt hat mit dem Vertrag gegen die Berufsordnung verstoßen. Deshalb hat er keinen Anspruch auf das Grundstück. Der Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Josef Hingerl, legt dagegen Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Er argumentiert: Hier sei das Recht des Landwirts als Erblasser zu wenig berücksichtigt worden - nämlich frei zu entscheiden, was später mit seinem Eigentum geschieht. Dies sei immerhin vom Grundgesetz, der Eigentumsgarantie, geschützt.
Er sagt: "Die Grundrechte sind das Höchste. Diese können nur durch Gesetze eingeschränkt werden. Hier haben wir aber kein Gesetz in der Berufsordnung der Ärzte. Das ist eindeutig."
Der Gesetzgeber müsste tätig werden
Soll heißen: Die Pflicht, dass ein Arzt keine Vorteile annehmen darf, steht nur in der Berufsordnung, die sich Ärzte über die Ärztekammer selbst gegeben haben. Das reiche nicht aus, um eine solchen Vertrag wie im vorliegenden Fall zu kippen. Der BGH ist dieser Argumentation nun gefolgt, er hat genauso entschieden.
Die Vereinbarung über das Grundstück sei von der sogenannten Testierfreiheit des Erblassers gedeckt, so Bernd Odörfer, Presserichter des BGH: "Für eine wesentliche Einschränkung der Testierfreiheit braucht es ein Parlamentsgesetz, das durch den Gesetzgeber verabschiedet worden ist. Es reicht nicht aus, dies auf die Landesärztekammer zu übertragen, hier eine berufsständische Regelung zu treffen."
Das bedeutet: Will man solche Verträge wie zwischen dem Landwirt und dem Arzt unterbinden, muss dies der Gesetzgeber tun. Regelungen in irgendwelchen Berufsordnungen, die keine Gesetzesqualität haben, reichen dafür nicht aus.
AZ: IV ZR 93/24
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